Ich war 13 im Jahr 2000. Nachdem die Apokalypse nicht eingetroffen war stellte ich mich auf ein endlos langes und
langweiliges Jahrtausend ein. Es war Ostern.
Karfreitag Ich hatte den Auftrag Eier zu kochen. Etwa 20 Stück füllten eine Schüssel. Später begann ich die bereits abgekühlten Eier anzumalen. Aber nicht alle. Jemand anders beendete die Arbeit.
Karsamstag Über den Samstag hinweg aß ich viele Eier, bestimmt 12 insgesamt. Schlecht wurde mir nicht.
Ostersonntag Der neue Tag war angebrochen und zum Frühstück aß ich schon ein Osterei. Aber erst nach Mittag beschleunigte sich der Rhythmus der Ereignisse. Ich war auf dem Weg vom Sofa zum Regal um mir noch ein Osterei zu holen. Die untere Hälfte der magentafarbenen Schale ließ ich mir als Grifffläche und begutachtete, wie sich einige Farbschlieren durch die Schale direkt auf und auch ein wenig in das Eiweiß hineingearbeitet hatten. Ein schönes Muster.
Ein Biss sollte die obere Hälfte in meinen Mund befördern. Doch ein seltsamer Widerstand, eine veränderte Konsistenz, hielt meinen Kiefer davon ab komplett durchzuziehen. Ein wenig würgend fand sich ein zerklüftetes Gebilde aus gelben Flocken und kleinen weißen Lappen in meiner Hand. Ein langer Blick, gefolgt von einem stärkeren Würgreflex und ich schmiss das Häufchen auf den Kompost: Ein Ei, das schon halb ausgebrütet war.
»Wie kann das sein, das hätte doch befruchtet werden müssen...?«, dachte ich -und realisierte schlagartig, dass ich gerade Jesus gegessen hatte. Heute war Wiederauferstehung. Ich war Römer und neuer Messias.