Es war vielleicht eine Banalität was ihm wie eine tiefe Erkenntnis erschien.
Nachdem er die Lüge seiner Produktivität erkannt hatte und somit die Lüge
jeder Produktivität und somit die Falte unserer ganzen produktiven Welt, fiel
es ihm von Tag zu Tag schwerer, sich für seine Arbeit zu interessieren.
Produktivität: Verhältnis zwischen produzierten Gütern und dafür benötigten
Produktionsfaktoren.1
Er war verunsichert. Auch Freunde, mit denen er versuchte über seine
grundlegenden Zweifel zu sprechen, zeigten kein Verständnis. Er bemühte
sich fünf Jahre lang den Anschein, an etwas zu arbeiten, aufrechtzuerhalten,
aber irgendwann war ihm auch das zuwider. Er legte eine mehrjährige Pause
ein, in der er nichts tat und mit Genugtuung feststellte, wie der auf ihm
lastende Arbeitsdruck streng stetig abnahm und gegen Null konvergierte. Es
schien ihm, dass der völlige Nullzustand
Nullstelle x0 einer Funktion ist der Wert der unabhängigen Veränderlichen
x, bei denen der Funktionswert verschwindet.2
0, nur eine Frage der Zeit war.
Die lineare Regression gibt Auskunft über die Form des Zusammenhangs
zwischen zwei (oder auch mehreren) Variablen. Man geht davon aus, dass zur
Erklärung von Y und X ein lineares Modell der Form Y = a + bX geeignet
ist.3
Er fällte eine einsame Entscheidung. Er war davon überzeugt, dass er die
anstehenden Angelegenheiten und Spannungen diplomatischer hätte regeln
können. Doch weniger aus dem Bedürfnis heraus, dies zu ändern, als vielmehr
aus der Lust ein allerletztes Mal an etwas zu arbeiten, wollte er das Problem
wissenschaftlich angehen: den Zusammenhang zwischen der vor ihm bis
dahin geheim gehaltenen und verschleierten Lüge (geheim gehalten von wem
eigentlich?) und dem Arbeitszwang (Arbeitsautomatismus?). Er widmete sich
diesem Forschungsvorhaben sehr gründlich, erstellte Tabellen und Kurven,
um daraus eine Funktion zu ermitteln.
Funktion: Aufgabe eines Objekts, Aufgabe und Zweck eines Systems. Ist
die Abbildung der Menge X auf die Menge Y eindeutig, d.h. entspricht jedem
Element x ∈ X genau ein Element y ∈ Y, so heißt die Abbildung eine Funktion.4
Wie er vorausgeahnt hatte, wurde alles immer weniger. Nach einigen Wochen
bemerkte er Schmerzen in seinen Händen, zu diesem Zeitpunkt jedoch war
sein Körper auch schon Teil der Lüge (welcher Lüge?), derjenigen, welche
vom Tun auf die Gesinnung schließt und umgekehrt. So wechselte er
unbemerkt vom Beschreiben tausender von Seiten in einen Zirkel nicht
endender substanzloser Denktätigkeit. Er vermutete nur für einen Bruchteil:
»Nicht ich denke«, und verlor seine Hände.
1 Neus, Werner: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre aus
institutionenökonomischer Sicht, Tübingen 2007, S. 31.
2 Bartsch, Hans-Jochen: Mathematische Formeln, Leipzig 1975,
S.103.
3 Hackl, Peter/ Katzenbeisser, Walter: Statistik. für Sozial- und
Wirtschaftswissenschaften Lehrbuch mit Übungsaufgaben, München
2000, S. 54.
4 Bartsch, Hans-Jochen: Mathematische Formeln, Leipzig 1975,
S.100.